Mareike Dörr
Abseits der Universität verbringt Mareike Dörr ihre Zeit u.a. am Strand von Galveston
"Die vier Monate vergingen wie im Flug...Ich konnte mich mit meiner Expertise in meinem Gastlabor nützlich machen und habe selbst sehr viel gelernt. Zu guter Letzt möchte ich mich bei allen in Deutschland und Amerika bedanken, die diesen Aufenthalt möglich gemacht haben."
Mareike Dörr ist eine Doktorandin der Veterinärmedizin, deren akademischer Schwerpunkt im Bereich der Virologie liegt. Dank einer Spende der Prof. Dr. Bingel-Stiftung konnte ihr von der DAAD-Stiftung ein Kurzzeitstipendium verliehen werden, welches Mareike Dörr in den Vereinigten Staaten verbrachte.
Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen in Texas:
Forschung
Im Rahmen meiner Doktorarbeit befasse ich mich mit der Erforschung viraler Anpassung an den Wirt, hierfür vergleiche ich die genetischen Anpassungsmechanismen des West Nil Virus (WNV) und des Hundestaupe Virus (CDV). Die hervorragende Anpassungsfähigkeit von Viren basiert auf ihren schnellen Generationswechseln und den hohen Mutationsraten bei der Genomreplikation. In der Praxis bedeutend dies, dass ein Patient niemals mit einem Virusgenotyp infiziert ist, sondern vielen verschiedenen Genotypen. Das Zusammenspiel dieser Genotypen im Wirt und neu entstehende Mutationen sind bei vielen Viren relevant für den Infektionsverlauf. Einige Viren, so auch WNV und CDV, können bei ungünstigem Verlauf das Gehirn ihres Wirtes infizieren, was fatale Folgen haben kann. Die Erforschung der dazu führenden viralen Faktoren kann zum größeren Verständnis dieser Viren führen, was wiederum zu neuen Behandlungen führen könnte.
Für den Teil meiner Forschung, der sich mit dem West Nil Virus befasst, war von Anfang an klar, dass er bei einem Kooperationspartner durchgeführt werden muss, da am Paul Ehrlich Institut bisher nicht mit dem (Wildtyp, natürlichen) WNV gearbeitet werden kann. Bei einem Gespräch mit Dennis Bente, der eine Forschungsgruppe an der University of Texas Medical Branch (UTMB) leitet, erkannten wir, dass einer seiner Doktoranden an einer ähnlichen Thematik arbeitet und ich mit meiner Methodik der genetischen Untersuchungen (Tief-Sequenzierung viraler Genotypen) seine Arbeit gut ergänzen und zugleich die Daten für meine eigene Doktorarbeit sammeln könnte. Aus diesem Gespräch entstanden im weiteren Verlauf genaue Versuchsplanungen und die Einigung auf einen Zeitraum bezüglich deren Durchführung. Zur gleichen Zeit informierte ich mich über Stipendien und bewarb mich auch beim DAAD. Schlussendlich erhielt ich das Kurzstipendium der DAAD-Stiftung für Doktoranden in Kooperation mit der Prof. Dr. Bingel-Stiftung, und konnte meine Forschungspläne in die Tat umsetzen.
Der Projektverlauf
Nachdem ich von Seiten der UTMB die Berechtigung zur Arbeit im Labor erhalten hatte, machten ich und der mich betreuende Doktorand Corey uns sofort an die Ausführung der vorher geplanten Experimente und Versuche. Durch auf Immunohistochemie basierende Anfärbungen von Mäusegehirnschnitten konnten wir insbesondere in akuten Krankheitsphasen Entzündungen im Gehirn visualisieren. Dies wird durch die Bindung spezifischer Antikörper an mit der Inflammation verknüpfte Proteine möglich gemacht. Durch eine für das Virus spezifische Anfärbung soll in der weiteren Bearbeitung des Projekts die Korrelation der Entzündung mit dem Virus hergestellt werden. Zur Analyse der genetischen Anpassung präparierten wir 132 Proben und isolierten daraus die RNA, in der sämtliche viralen Genotypen und die mRNA Transkripte hiervon enthalten sind. Zusätzlich konnte ich die Tiefsequenzierungen vorbereiten, schlussendlich aber nicht alle durchführen. Dies kann aber im weiteren Verlauf des Projekts nach meiner Rückkehr an meine HeimatUni erfolgen. Die Analyse der Sequenzierdaten können wir dann in Deutschland, in Kooperation mit dem „Molecular Genomics Core“ der UTMB durchführen.
Links: Das "Big Red"-Universitätsgebäude, älteste Gebäude der UTMB; rechts: Aussicht aus dem Laborfenster
Die Organisation vor Ort
Durch die vorher bereits bestehende Freundschaft mit einem Doktorand meines Gastlabors, konnte ich die Unteranmietung eines Zimmers gut organisieren, was für mich eine große Erleichterung war. Zudem wurde die Organisation der Fahrt zum und vom Flughafen von meiner dortigen Arbeitsgruppe übernommen. Bei sämtlichen Behördenprozessen waren alle (mein eigenes Institut, die DAAD-Stiftung und mein Gastinstitut) sehr freundlich, hilfsbereit, geduldig und schnell, vielen Dank dafür an dieser Stelle! Der organisatorische Aufwand war im Nachhinein betrachtet zwar beachtlich, aber durch die Verteilung auf mehrere Monate gut zu bewältigen. Etwas überrascht haben mich dennoch die Zahl der Formulare und die Fülle an Informationen, die ich in den USA hinterlegen musste, bis ich dort im Labor arbeiten konnte.
Nebenprojekte
Zusätzlich zu der Arbeit an meinem Projekt, lernte ich die Isolation von Splenozyten und konnte große Einblicke in die Arbeit in Hochsicherheitslaboren der Stufe 3 sammeln. Die Universität in Texas gab mir auch die Möglichkeit an Kursen für die Sicherheitslevel 2 und 3 teilzunehmen. Durch Rücksichtnahme der Trainer auf meine begrenzte Zeit vor Ort, wurden manche Abläufe für mich beschleunigt. Dadurch konnte ich auf beiden Levels an Praxis- und Theorietests teilnehmen und schließlich mit den entsprechenden Zertifikaten abschließen.
Integration in den amerikanischen Alltag
Direkt nach meiner Ankunft am Flughafen in Texas wurde mir ein erstes Abendessen mit dem gesamten Labor angeboten und ich konnte direkt alle kennenlernen. Die Kommunikation wurde insgesamt deutlich erleichtert durch die Tatsache, dass eine Postdoktorandin und mein Gruppenleiter dort Deutsche waren. Nicht zuletzt deswegen wurden bereits am ersten Abend die Eigenheiten der deutschen und amerikanischen Kultur humorvoll diskutiert. Während meines Aufenthalts bezog mein Betreuer Corey mich in alle seine wissenschaftlichen Fragestellungen ein. Durch unsere verschiedenen Hintergründen (er Veterinärmediziner, ich Biochemikerin) konnten wir uns wunderbar ergänzen. Zusätzlich verstanden wir uns auf persönlicher Ebene und er hatte eine Menge witzige Anekdoten aus seiner Veterinärausbildungszeit zu erzählen.
Neben zahlreichen Institutsfeierlichkeiten, Vorträgen mit anschließenden Diskussionsrunden und dem großen Sportangebot von Seiten der Universität, bot die Insel Galveston ein großes Angebot an Freizeitaktivitäten, zum Beispiel den Strand, zahlreiche Restaurants und den „Moodys Garden“, eine Verbindung aus Aquarium, botanischem Garten und Zoo.
Außerdem besuchte ich das „Galveston Oktoberfest“, wo es viele deutsche Spezialitäten wie Apfelstrudel, Bratwurst und Laugenbrezeln gab. Ich traf dort fast mein ganzes Labor und einige andere Mitarbeiter aus der Universität, viele sogar in typischer oder untypischer Oktoberfesttracht. Insgesamt war ich auch außerhalb der Arbeit sehr gut integriert und die vielen Veranstaltungen der Universität ließen keine Langeweile aufkommen.
Fazit
Die 4 Monate vergingen wie im Flug... In meiner Zeit in Texas kam ich in der Durchführung des Projekts fast so weit, wie zuvor geplant. Zum Glück können die restlichen Analysen danach in Kooperation zwischen meiner Heimat- und GastUniversität stattfinden. Ich denke, ich konnte mich mit meiner Expertise in meinem Gastlabor nützlich machen und habe selbst sehr viel gelernt. Im Großen und Ganzen ist es ein sehr aussichtsreiches Themengebiet und ich rechne in naher Zukunft mit den restlichen Daten und in etwas fernerer Zukunft auch mit einer Publikation dazu. Außerdem konnte ich insbesondere in die Arbeit und Organisation von Hochsicherheitslaboren und im Bereich der Immunohistochemie viele Einblicke erhalten. Beide Einblicke werden in meiner beruflichen Laufbahn von Vorteil sein. Des Weiteren konnte ich mein Englisch verbessern und mein wissenschaftliches Kontaktnetzwerk ausbauen. Ich freue mich schon jetzt darauf, vieler meiner neu gewonnenen Kontakte auf internationalen Konferenzen wieder zu sehen.
Zu guter Letzt möchte ich mich bei allen mich betreuenden Personen in Deutschland und Amerika bedanken, die diesen Aufenthalt erst möglich gemacht haben. Für die administrative Hilfe möchte ich mich den Mitarbeitern des Paul-Ehrlich-Instituts und der University of Texas Medical Branch danken. Moralische und organisatorische Unterstützung fand ich bei meinen Kollegen in Deutschland und meiner Gruppenleiterin, Veronika von Messling. Des Weiteren wäre der Aufenthalt ohne das Engagement von Dennis Bente nicht möglich gewesen; seine Laborgruppe besteht nicht nur aus freundlichen und hilfsbereiten Personen, es sind zudem auch noch leidenschaftliche Wissenschaftler. Außerdem danke ich Corey für den wissenschaftlichen Austausch und die Betreuung im Labor.
Natürlich möchte ich auch der DAAD-Stiftung meinen Dank aussprechen, denn die erhaltene Finanzierung war eine große Entlastung und ermöglichte mir einen "sorgenfreieren" Forschungsaufenthalt im Ausland.
Stand: Winter 2018/19. Die deutsche Version ist das Original.