Hanna Marie Schilbert
Privat
Hanna Marie Schilbert verbrachte ein Forschungssemester in Cambridge
"Von Tag 1 an durfte ich in einem durchweg positiven und hilfsbereiten Umfeld arbeiten. Dieser Auslandsaufenthalt hat mir die Möglichkeit geboten, Erfahrungen in dem englischen Wissenschaftssystem zu sammeln, neue Methoden zu lernen und Kollegen kennen zu lernen. Das Gelernte und Erlebte wird mich auf meinem weiteren Werdegang begleiten und die erzielten Ergebnisse werden meine Forschung weiter voranbringen. Ohne das Prof. Bingel-Stipendium der DAAD Stiftung wäre dieser Auslandsaufenthalt nicht möglich gewesen. Daher möchte ich mich ganz herzlichst bei Ihnen bedanken!"
Hanna Marie Schilbert ist eine deutsche Doktorandin der Biologie. Dank des Prof. Bingel-Stipendium konnte sie ein Semester an der University of Cambridge für ihre Dissertation forschen und sich mit anderen Forschenden austauschen.
Hier berichtet sie von ihren Erfahrungen in England:
„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am besten auf Veränderungen reagiert.“ – Charles Darwin.
Cambridge, eine Stadt, die eindrucksvoll mit großer Wissenschaft und berühmten Wissenschaftlern verbunden ist. Der wohl bekannteste Naturforscher weltweit, Charles Darwin, hat in Cambridge studiert. Mir ist es eine große Ehre und Freude gewesen, die Möglichkeit zu haben, einen 6-monatigen Forschungsaufenthalt am „Department of Plant Sciences“ in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Beverley Glover in Cambridge zu absolvieren.
Charles Darwin studierte ebenfalls in Cambridge
Thematisch habe ich mich mit der Evolution von Regulatoren der Flavonolbiosynthese beschäftigt. Diese Forschung ist eine Fortsetzung meines Promotionsvorhabens, welches ich 2019 am Lehrstuhl für Genetik und Genomik der Pflanzen (CeBiTec, Universität Bielefeld) begonnen habe. Flavonole erfüllen zahlreiche wichtige Aufgaben in Pflanzen, wie z.B. Schutz vor abiotischen (UV-Strahlung) und biotischen (Mikroorganismen) Stressoren, sowie Blütenpigmentierung zusammen mit Anthocyanen. Flavonole sind daher von ökologischer und ökonomischer Bedeutung.
In einer der wichtigsten Öl-Nutzpflanzen weltweit, dem Raps, verhindern jedoch ganz bestimmte Flavonolderivate die Nutzung von Rapsprotein in der menschlichen Ernährung durch stark bitteren Geschmack. Um Rapsprotein für die humane Ernährung nutzbar zu machen, sollen diese Hauptbitterstoffe im Samen reduziert werden. Daher beschäftigt sich meine Forschung mit der Analyse der zugrundeliegenden Biosynthese. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Identifikation und der Aktivitätsnachweis von Transkriptionsfaktoren, welche die Flavonolbiosynthese regulieren. Die beteiligten Regulatoren der Flavonolbiosynthese habe ich während meines Auslandsaufenthaltes in Cambridge im Detail analysiert.
King‘s College in Cambridge
Ich habe mich bereits zu Beginn von 2020 um ein DAAD-Stipendium beworben. Aufgrund der pandemischen Situation konnte ich meinen Auslandsaufenthalt erst im September 2021 antreten. Ich bin an dieser Stelle sehr froh, dass dies trotz der zeitlichen Verschiebung des ursprünglichen Plans sowohl durch den DAAD e.V. und die DAAD-Stiftung als auch durch meine Gastuniversität ermöglicht wurde.
Die Vorbereitungen auf den Auslandsaufenthalt gestalteten sich aufgrund stetig wechselnder pandemischer Regularien sowie des Brexits kompliziert. Mit Hilfe einer kompetenten Sachbearbeiterin meiner Gastuniversität konnten Formalitäten schnell geklärt werden. Bei der Wohnungssuche hatte ich Glück und habe schon nach wenigen Online-Besichtigungen eine Unterkunft im Herzen Cambridges ergattert, welche nur 15 Gehminuten von meinem Arbeitsplatz entfernt lag. Meine Mitbewohnerin war gleichzeitig Besitzerin des Apartments und wir haben uns Küche, Wohnzimmer und Bad geteilt. Insgesamt sind die Mieten in Cambridge sehr hoch und auch die Lebensmittel- und Heizkosten sind nicht zu unterschätzen.
Typische Häuser in Cambridge
Mein Arbeitsalltag umfasste u.a. das wöchentliche Gruppenmeeting im Online-Format. Hierbei wurde aktuelle Literatur diskutiert und Forschungsergebnisse präsentiert. Des Weiteren hatte ich die Möglichkeit an einem Bioinformatikseminar sowie weiteren regelmäßigen Seminaren des Departments teilzunehmen. Wöchentlich hatte ich außerdem ein Treffen mit meiner Gastgeberin Prof'in. Beverley Glover.
Ein üblicher Arbeitstag hatte zwei feste Bestandteile: Teepause um 11 Uhr und Mittagspause um 13 Uhr. Bei der in England typischen „tea time“ habe ich mich mit den Kollegen über diverse Themen ausgetauscht. Gerade diese Teepausen haben mir geholfen, mich schnell in die Gruppe zu integrieren und haben allgemein eine angenehme Gruppenatmosphäre geschaffen. Außerdem habe ich hierbei oft neue Kollegen kennengelernt und so „nebenbei“ Networking betrieben. Da alle Kollegen sehr offen und entgegenkommend waren, fiel mir dies sehr leicht und hat viel Spaß gemacht. Um 13 Uhr stand dann die Mittagspause an und dabei saß ich nie allein. Es hat mir sehr viel Freude bereitet durch diese beiden festen Zeiten konstant mit alten und neuen Kollegen in Kontakt treten zu können, da dies in der Vergangenheit in dieser Form pandemiebedingt oft nicht möglich war. Trotzdem herrschte natürlich Maskenpflicht im Department und ich habe mich immer sicher gefühlt. Weitere Regeln umfassten z.B. das regelmäßige Desinfizieren der Hände und des Arbeitsplatzes. Ich war froh, dass es diese Regelungen noch gab und trotzdem soziale Interaktionen im Rahmen z.B. der Teepause möglich waren.
Spaziergang in Cambridge
Auch wenn England nicht gerade für sein gutes Wetter bekannt ist, hatte ich während meines Aufenthaltes sehr viel Glück und konnte oft draußen in der Sonne spazieren gehen. So haben wir oft draußen Mittagspause gemacht und Essen von den gelegentlich anwesenden food trucks genossen.
Food trucks waren bei Weitem nicht das Einzige kulinarische Erlebnis, dass ich in Cambridge erleben durfte. Mehrmals pro Monat bin ich mit meinen Kollegen in verschiedenen Restaurants essen gewesen und habe die kulinarische Vielfalt der Restaurants in Cambridge zu schätzen gelernt. So habe ich die koreanische Küche für mich entdeckt. Auch den Besuch des Orchard Teegarten in Grantchester werde ich so schnell nicht vergessen. Hier habe ich zusammen mit einer Freundin die für England typischen Scones genossen. Ein interessanter kultureller Unterschied zwischen England und Deutschland ist mir in Bezug auf das Einkaufen von Lebensmitteln aufgefallen: in England ist mit typischem Brot "Toastbrot" gemeint, ganz anders als in Deutschland. Zu weiteren Freizeitaktivitäten zählten Spaziergänge in der Natur und Besuche von Pubs mit Freunden.
Scones im Orchard Teegarten in Grantchester
Ein weiteres persönliches Highlight war für mich die Teilnahme an einem „formal dinner“ im Jesus College zusammen mit zahlreichen Freunden, die auch Teil meiner Arbeitsgruppe waren. Ein „formal dinner“ wird typischerweise von den Colleges in Cambridge veranstaltet, bei dem sich die Studierenden formell kleiden. Dieses Zusammenkommen bietet die Möglichkeit, Kommilitonen kennen zu lernen.
Neben dem mehrgängigen Menü haben mich die historischen Bauten und Rituale bei dem Dinner sehr beeindruckt. Jedes College hat unterschiedliche Rituale. Für das Jesus College ist es z.B. üblich, dass am Ende des Dinners zuerst alle Alumni und Professoren sowie deren Gäste den Raum verlassen. Diese sitzen an dem sogenannten „high table“, der üblicherweise vor Kopf der „lower tables“ steht. Während die Alumni den Raum verlassen, stehen die Studierenden und erst nachdem der/die letzte Alumnus/Alumna den Raum verlassen hat, darf wieder Platz genommen werden.
Am Rande eines formalen Dinners im Jesus College in Cambridge
Insgesamt habe ich während meines Auslandsaufenthaltes viele spannende wissenschaftliche Diskussionen geführt und viel gelernt – nicht nur fachlich, auch methodisch und kulturell. In Zukunft werde ich mich mit der Verfassung meiner Dissertation beschäftigen und mich auf meine Disputation vorbereiten. Die Ergebnisse aus Cambridge werden ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit sein. Gerne möchte ich die erlangten Fähigkeiten und das gewonnene Wissen für den nächsten Schritt in meiner wissenschaftlichen Karriere nutzen, indem ich sie im Rahmen einer Post-Doc Stelle erneut anwenden werde.
Ich bin sehr dankbar und glücklich für alle Erfahrungen, die ich in dieser Zeit sammeln durfte. Ohne das Prof. Dr. Bingel-Stipendium der DAAD Stiftung wäre dieser Auslandsaufenthalt nicht möglich gewesen. Daher möchte ich mich herzlichst bei Ihnen bedanken!
Stand: Februar 2022.