Emily Hicks

Privat

Staatsarchiv Augsburg

Insgesamt war mein Aufenthalt in Deutschland ausgezeichnet. Wenn ich die Möglichkeit hätte, zurückzukehren, sei es zu Forschungszwecken oder einfach nur zum Spaß, würde ich auf jeden Fall wiederkommen.

Emily Hicks verbrachte im Rahmen eines Respekt & Wertschätzung Stipendiums zwei Monate in Augsburg, während derer sie mithilfe von Unterlagen der Staats- und Stadtbibliothek und des Staatsarchivs ihr Promotionsvorhaben weiterbringen konnte.

Im Folgenden berichtet sie von ihrer Forschung zur Musikgeschichte der Neuzeit:

Für mein Projekt plante ich eine zweimonatige Forschungsreise nach Augsburg mit zwei Hauptzielen. Zum einen wollte ich zwei Archive in der Stadt besuchen, die Staats- und Stadtbibliothek Augsburg und das Stadtarchiv Augsburg, um Informationen über die Stadtpfeifer aus der frühen Neuzeit zu sammeln. Das zweite Ziel war die Untersuchung der akustischen Eigenschaften von öffentlichen Gebäuden aus dieser Zeit. Letztendlich ist es mein Ziel, das Archivmaterial und die akustischen Untersuchungen der öffentlichen Räume der Stadt zu nutzen, um meine These zu untermauern, dass die in den Städten des frühneuzeitlichen Deutschlands angestellten Musiker für die Gesellschaften, die sie repräsentierten, von ebenso großer kultureller Bedeutung waren wie ihre bei Kirche und Hof angestellten Pendants.

Mein Zeitplan für die zwei Monate blieb ziemlich gleich. Jede Woche verbrachte ich montags und dienstags in der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg und den Rest der Woche im Stadtarchiv. An den Wochenenden besuchte ich Konzerte und Gottesdienste mit der Absicht, nicht nur die lokale Musik so weit wie möglich auszukosten, sondern mich auch auf die klanglichen Aspekte meiner Forschung zu konzentrieren. Einige der Kirchen und öffentlichen Gebäude befinden sich in einem mit der frühen Neuzeit vergleichbaren Zustand (baulich und akustisch), und so konnte ich einige Aspekte der Klanglandschaft studieren, wie sie in dieser Zeit zu hören gewesen wäre, Aufnahmen machen und einige Dezibel-Analysen sowohl von Umgebungsgeräuschen als auch von musikalischem Klang durchführen. Für diesen Teil meiner Forschung hatte ich meinen Tascam DR-05x Digitalrekorder mitgebracht, mit dem ich stundenlang Material aufnehmen und dabei die Dezibelwerte aufzeichnen kann. Die Dezibel-Informationen auf dem Rekorder sind jedoch nur in Echtzeit verfügbar, daher habe ich auch eine App auf meinem Handy verwendet, mit der ich Dezibel-Pegel aufzeichnen und die Informationen über die Zeit in einer von vier Frequenzgewichtungen speichern konnte: A, B, C, Z. Ich habe vor allem A verwendet, das die Dezibelwerte so anzeigt, wie sie vom menschlichen Ohr wahrgenommen werden, und Z, das eine flache Anzeige ohne Abstriche bei höheren oder niedrigeren Pegeln ist.

Die Staats- und Stadtbibliothek Augsburg war sehr gastfreundlich, und das Personal war wunderbar. Ich begegnete dem Leiter der Bibliothek, Dr. Karl Georg Pfändtner, und dem stellvertretenden Leiter, Dr. Berthold Kress, in den ersten Tagen meines Besuchs, und beide waren außerordentlich hilfsbereit und sorgten dafür, dass mein Aufenthalt großartig wurde. Die Bibliothek verwahrt Handschriften aus den Kirchen und anderen Institutionen der Region, und bevor ich in Augsburg ankam, hatte ich eine Liste der Handschriften, die ich sehen wollte, an die Bibliothek geschickt, die sie ihrerseits für mich zurücklegte. Einige der von mir angeforderten Bücher waren bei meiner Ankunft bereits zur Digitalisierung nach Berlin geschickt worden und daher nicht mehr zugänglich, aber das bedeutete, dass ich mich darauf konzentrieren konnte, die anderen Quellen durchzugehen und die digitalen Versionen zu einem späteren Zeitpunkt einzusehen. Die Bibliothek erwies sich als das am wenigsten ergiebige der beiden Archive, was die Anzahl der Materialien angeht, aber ich konnte dennoch einige finden, die meiner Forschung zugutekommen werden, darunter eine musikalische Abhandlung, ein Kirchenrechnungsbuch aus dem 18. und ein Buch mit Meistersingern aus dem 16. Jahrhundert.

Das Stadtarchiv Augsburg war ebenfalls sehr offen und auf meinen Besuch vorbereitet. Wie bei der Bibliothek hatte ich eine Liste von Dokumenten vorgelegt, die ich einsehen wollte, und das Stadtarchiv hatte diese bei meiner Ankunft für mich bereitgelegt. Man erlaubte mir, zu Forschungszwecken Fotografien von den Dokumenten anzufertigen (etwas Unübliches), was mir half, alle Dokumente, die ich sehen wollte, innerhalb meines Zeitplans ohne viel Stress durchzuarbeiten. Die Mitarbeiter des Archivs waren sehr hilfsbereit und freundlich und gaben mir in vielen Fällen mehr Materialien als die, um die ich gebeten hatte (oder Dokumente, von denen ich nicht wusste, dass sie vorhanden waren), von denen sie aber wussten, dass ich sie brauchte. Nur wenige von ihnen sprachen Englisch, und ich fand es toll, dass ich mein Deutsch in einem professionellen Kontext verbessern konnte.

Mein Hauptziel bei der Untersuchung der Dokumente des Stadtarchivs war die Durchsicht der Baumeisterbücher. Dabei handelt es sich um vom Stadtrat geführte Finanzbücher, die von den 1320er Jahren bis 1806 reichen. Ich war begeistert darüber, dass ich die Listen der Zahlungen für die Stadtpfeifer für jedes Jahr von 1506-1789 vorfand. Diese werden mir helfen, die Höhe der finanziellen Unterstützung zu ermitteln, die die Musiker von der lokalen Regierung erhielten, und somit die Bedeutung der Musiker im kulturellen Leben der Stadt zu bewerten. Darüber hinaus stellten mir die Archivare Hunderte von Rechtsdokumenten zur Verfügung, die von den lokalen Musikern beim Stadtrat eingereicht wurden, darunter die Stadtpfeifer, die freiberuflichen Musiker und die Meistersinger (Sänger, die an Wettbewerben nach strengen Kompositions- und Stilregeln teilnahmen). Diese Dokumente decken ein breites Spektrum an Themen ab, wie z. B. Heiratslizenzen, Zugang zu Auftrittsmöglichkeiten und Streitigkeiten über Verlagsrechte. Diese Dokumente liefern nicht nur den Kontext für die finanziellen Informationen in den Baumeisterbüchern, sondern tragen auch zum Aufbau des sozialen Aspekts meiner Forschung bei. Die Untersuchung, wie der Stadtrat auf diese verschiedenen Situationen reagierte, wird dazu beitragen, festzustellen, inwieweit die Stadt ihre Musiker als kulturelles Pfand für die allgemein wahrgenommene Bedeutung der Stadt und ihrer Bürger anerkannte.

Die nächsten Schritte meiner Forschung sind die Interpretation der Finanzdaten, die ich aus den Baumeisterbüchern gewonnen habe, und die Untersuchung der Rechtsdokumente im Hinblick darauf, wie die Stadt ihre angestellten Musiker unterstützte (und wie dies der öffentlichen Wahrnehmung der Stadt zugutekam). Mein Plan ist es, das Jahreseinkommen der Stadtpfeifer mit anderen Berufen zu vergleichen, die die Stadt direkt beschäftigte, wie Hebammen, Zimmerleute und Beamte. Auf diese Weise kann ich vergleichen, welchen Stellenwert die Stadt diesen Berufen beimaß und welchen Stand die Musiker innerhalb dieses Systems einnahmen.

Hicks Collage

Privat

links: Die Passionsspiele in Oberammergau; rechts: die Kirche St. Peter am Perlach

Abgesehen von meinen Recherchen war es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, die Vielfalt der Restaurants in Augsburg zu erkunden, insbesondere die traditionellen bayerischen und italienischen Restaurants. Ich war begeistert von all den verschiedenen Wurstsorten, die ich in den Restaurants finden konnte, da ich Wurst sehr mag, und eine meiner Lieblingsbestellungen waren Spätzle, weil sie perfekt zu all den leckeren Würsten und Bratensoßen passen, die ich während meines Aufenthalts dort gegessen habe. Auch die Unterschiede in den deutschen Lebensmittelläden haben mich sofort begeistert. Erstens enthalten die angegebenen Preise die Steuern - etwas, das bei amerikanischen Preisen nicht der Fall ist und das frustrierend ist, wenn man ein kleines Budget hat. Ich habe diese Erfahrung auch in anderen Ländern gemacht und wundere mich, warum mein Heimatland das nicht auch so macht. Mir gefiel auch der Kassiervorgang in typischen Lebensmittelgeschäften. In den USA versucht die Kassenkraft oder die Person, die die Einkäufe einpackt, oft, mit einem zu plaudern. Das ist zwar nett, aber als introvertierter Mensch habe ich es genossen, dass an den deutschen Kassen relativ wenig Konversation zu erwarten war.

Während meines Aufenthalts hatte ich auch Gelegenheit, einige spannende kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. In Augsburg fand während meines Aufenthalts die Lange Kunstnacht statt, und ich konnte Konzerte im Rathaus, im Maximilianmuseum, in der St.-Anna-Kirche, in der Basilika St. Ulrich und im Augsburger Dom besuchen. Eine meiner schönsten Erinnerungen war der Besuch der berühmten Passionsspiele in Oberammergau. Ich hatte aus finanziellen Gründen nicht geplant, während meiner Reise dorthin zu gehen, obwohl die Passionsspiele nur alle zehn Jahre stattfinden und es ansonsten sehr schwer wäre, aus den USA anzureisen. In meiner ersten Aufenthaltswoche lernte ich jedoch ein Ehepaar kennen, das mir eine seiner zusätzlichen Eintrittskarten anbot, und so konnte ich mit dem Zug nach Oberammergau fahren und die Aufführung besuchen. Die Musik und das Schauspiel waren wunderbar! Es war die Erfahrung meines Lebens, und ich bin sehr dankbar, dass ich das überraschende Angebot bekommen habe und die Zeit hatte, daran teilzunehmen.

Für einen kurzen Zeitraum inmitten meiner Forschungsreise konnte mich mein Mann aus den USA besuchen, und wir machten Tagesausflüge zu anderen Orten in Bayern. Wir besuchten das Deutsche Museum in München, um die Ausstellungen über Musikinstrumente, Alchemie und Kryptologie zu sehen, und verbrachten den Abend im Hofbräuhaus. An einem anderen Tag fuhren wir nach Schwangau und besichtigten die Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau. Wir nahmen uns auch etwas Zeit, um das Kloster Andechs zu besuchen, die Kirche zu besichtigen und auf Empfehlung eines Freundes im dortigen Biergarten zu Mittag zu essen. Es war definitiv einer der Höhepunkte unserer Reise und ein Ort, den ich bereits mehreren anderen empfohlen habe.

Insgesamt war mein Aufenthalt in Deutschland ausgezeichnet. Wenn ich die Möglichkeit hätte, zurückzukehren, sei es zu Forschungszwecken oder einfach nur zum Spaß, würde ich auf jeden Fall wiederkommen. Der Erhalt des Respekt & Wertschätzung Stipendiums der DAAD-Stiftung ist eine große Ehre für mich. Ohne das Stipendium hätte ich weder meine Forschung durchführen noch die unzähligen Erfahrungen machen können, die ich gemacht habe. Ich habe das Gefühl, dass die zwei Monate, die ich in Augsburg verbracht habe, einen entscheidenden und aufregenden Einfluss auf meinen weiteren Weg haben werden, sowohl in Bezug auf meine Karriere als auch auf meine zukünftigen kulturellen Abenteuer.

Stand: November 2022. Die englische Version ist das Original.