Andrei Ogonkov

Privat

Forschen in nächster Nähe zum Zürichsee

"Durch das Prof. Bingel Stipendium der DAAD-Stiftung habe ich die Chance zu einem Forschungsaufenthalt in der Schweiz erhalten und dafür bin ich sehr dankbar."

Das Prof. Bingel Stipendium brachte Andrei Ogonkov für sechs Monate an die ETH Zürich, wo er entscheidende Fortschritte in seinem Promotionsprojekt verzeichnen konnte.

Hier berichtet er von seinem Forschungsaufenthalt:

Im Rahmen meiner Doktorarbeit im Fach Biologie an der Universität Leipzig führte ich einen sechsmonatigen Forschungsaufenthalt an der ETH Zürich durch. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jörn Piel (Abteilung für Bakterielle Naturstoffe) hat mich aufgenommen. Die Abteilung war sehr international und bestand aus dreißig Mitarbeitern mit diversen Forschungshintergründen. Das Arbeitsklima war sehr angenehm und ich habe sehr viel Unterstützung für die Arbeit vom Team gespürt. Meine KollegInnen waren in ihrer Forschung sehr ambitioniert, selbstständig und selbstverantwortlich, aber gleichzeitig auch sehr gruppenorientiert. Während der Zeit in Zürich habe ich sehr viele private und professionelle Kontakte geknüpft.

Als ich in Zürich angekommen bin, hat sich die Corona-Situation stabilisiert. Unsere Arbeitsgruppe konnte endlich den geplanten Gruppenausflug nach Fräkmüntegg unternehmen und nach der langen Isolation haben sich alle sehr darauf gefreut. Für mich war das die erste Wanderung in den Bergen und nach diesem schönen Erlebnis wollte ich unbedingt mehr von der Schweiz sehen. An den Wochenenden war ich sehr oft unterwegs und als erstes wollte ich mir die Sehenswürdigkeiten von Zürich anschauen. Als Biologe konnte ich mir natürlich die Botanischen Gärten und den Zoo nicht entgehen lassen. Besonders die Masoala-Regenwaldhalle im Zoo hat mir sehr gut gefallen. An ruhigen Tagen war ich am Zürichsee spazieren. In der Schweiz ist man überall von der wunderschönen Natur umgeben.

Ogonkov Collage

Privat

Impressionen der Schweizer Landschaft

Durch meinen Forschungsaufenthalt habe ich viele neue Methoden und Herangehensweisen kennengelernt. Die Implementierung von 3D-Modellen für Proteine hat mir z.B. geholfen ein besseres Verständnis für die Enzymstruktur zu bekommen. In der Forschung ist der Austausch von fachlichen Sachverhalten und praktischen Fähigkeiten äußerst wichtig und ich bin sehr froh, dass ich meine Horizonte durch den Forschungsaufenthalt an der ETH Zürich erweitern konnte.

Im Rahmen meines Aufenthaltes haben wir eine ungewöhnliche Polyketidsynthase (PKS) PksA aus dem arktischen Cyanobakterium Chlorogloea sp. CCALA 695 untersucht. Das Genom von Chlorogloea sp. CCALA 695 enthält vier Gene, von denen angenommen wird, dass sie für die Produktion von Typ I PKS zuständig sind. Trotz ihrer Ähnlichkeiten zu Fettsäuresynthasen, in Bezug auf Identität und strukturelle Organisation von enzymatischen Domänen, sind PKS im Allgemeinen am Sekundärstoffwechsel vieler Organismen beteiligt. Die von PKS produzierten Naturstoffe weisen vielfältige biologische Aktivitäten auf und wirken z.B. zytotoxisch, antimikrobiell oder cholesterinsenkend. Das von PksA produzierte Polyketid sowie seine biologische Funktion sind unbekannt. Daher zielt dieses Projekt auf die funktionelle Charakterisierung von PksA zusammen mit der strukturellen Aufklärung des Polyketids ab. Basierend auf der vorhergesagten Domänenorganisation ähnelt die Architektur von PksA iterativen Typ I PKS, die in Pilzen gefunden werden. Die Termination wird höchstwahrscheinlich durch die C-terminale Aminoacyltransferase (AaTr)-Domäne vermittelt. Die phylogenetische Analyse zwischen Pilz- und (Cyano-)bakteriellen AaTr-Domänen legt jedoch eine weitgehend unabhängige Evolution dieser PKSs nahe.

Es wurde spekuliert, dass die AaTr-Domäne eine decarboxylierende Kondensationsreaktion zwischen dem Acyl-Carrier-Protein (ACP)-gebundenen Polyketid und einer spezifischen Aminosäure katalysiert, die für die Freisetzung erforderlich ist, wie es bei der Biosynthese bestimmter Mykotoxine beobachtet wird. Die AaTr-Domäne von PksA wurde durch heterologe Expression in E. coli produziert. In vitro Reaktionen mit der aufgereinigten AaTr-Domäne ermöglichten uns, die für die Termination erforderlichen spezifischen Aminosäuren zu identifizieren. Darüber hinaus erhielten wir vorläufige Beweise für die Implementierung einer sogenannten Schiffschen Base. Unsere Ergebnisse zeigen eine starke Ähnlichkeit zwischen der AaTr-Domäne und Serin-Palmitoyl-Transferasen, die an der Biosynthese von Sphingolipiden beteiligt sind. Diese neuen Erkenntnisse sollten uns ermöglichen, die in vitro Experimente für das vollständige PksA-Enzym zu optimieren, um die iterative Typ I PKS und ihr Produkt aus dem Cyanobakterium zu charakterisieren.

Ogonkov See am Abend

Privat

Zürichsee am Abend

Ohne die DAAD-Förderung wäre mein Aufenthalt an der ETH Zürich nicht realisierbar. Für die kompetente und schnelle Betreuung bei formalen Angelegenheiten will ich mich vor allem bei Frau Heike Schreitz bedanken. Ein besonders herzlicher Dank geht an die Auswahlkommission und Frau Stefanie Lohmann, die mir das Prof. Bingel Stipendium zugesprochen haben. Mein aufrichtiger Dank gilt schließlich auch Herrn Prof. Piel und seinem Team, an dieser Stelle will ich mich bei meinen Betreuerinnen Frau Dr. Amy Fraley und Frau Dr. Clara Chepkirui bedanken, die meinen Aufenthalt fachlich, aber auch persönlich sehr bereichert haben.

Die ETH Zürich hat einen sehr guten Ruf, die Ausbildungsqualität an der ETH Zürich befindet sich auf höchstem Niveau und somit eignete sich diese Institution ideal für mein Forschungsprojekt. Meine Zeit an der ETH hat mit Erfolg zum Fortschritt meines Promotionsvorhabens beigetragen und ich bin sehr zuversichtlich, dass aus den generierten Daten eine Veröffentlichung entstehen kann. (A.d.R.: Der Artikel ist zwischenzeitlich als Open-Access-Publikation frei zugänglich). Trotz der Covid-19 Lage war das Endergebnis meines Aufenthaltes an der ETH sehr zufriedenstellend und ich würde diese Erfahrung allen weiterempfehlen.

Stand: März 2023.