Dominik Bahlburg
Privat
Dominik Bahlburg forschte zwei Monate am British Antarctic Survey
"Der Forschungsaufenthalt am British Antarctic Survey in Cambridge war eine tolle Möglichkeit ein neues Institut und dessen Forschungskultur kennenzulernen, was eine große Bereicherung für mein aktuelles Promotionsvorhaben und die Zukunft war."
Dank des Prof. Bingel Stipendiums konnte Dominik Bahlburg zwei Monate am British Antartic Survey forschen und seine Promotion entscheidend weiterentwickeln. Im Folgenden berichtet er von seinem Forschungsprojekt und Arbeitsalltag:
Im Rahmen meiner Promotion über die Ökologie und Modellierung von antarktischem Krill an der Technischen Universität Dresden war es mir möglich mit Hilfe des mir von der DAAD-Stiftung verliehenen Stipendiums, gespendet von der Prof. Dr. Bingel-Stiftung, einen zweimonatigen Forschungsaufenthalt am British Antarctic Survey in Cambridge zu absolvieren.
Die Polarregionen faszinieren mich seit langem, nicht nur wegen ihrer Abgeschiedenheit und relativen Unberührtheit, sondern auch wegen ihrer Bedeutung für unser globales Klima. Gleichzeitig sind sie Regionen im Wandel. Obwohl die Antarktis unter internationalem Schutz steht, nehmen menschliche Aktivitäten wie Kreuzfahrten oder die kommerzielle Fischerei auf Antarktischen Krill zu. Gleichzeitig erholen sich glücklicherweise die Bestände großer Krillräuber wie Finn- und Buckelwale von der Dezimierung durch den Walfang. Diese Bestandserholung übt zusammen mit dem Klimawandel und der kommerziellen Fischerei einen zunehmenden Druck auf die Krillpopulationen aus. Antarktischer Krill ist eine Schlüsselart des Südpolarmeeres und eine Vielzahl von Meereslebewesen (fast alle Pinguin- und Robbenarten sowie Bartenwale, Fische, Seevögel oder Tintenfische) sind direkt oder indirekt von Krill als Nahrungsquelle abhängig. Gleichzeitig ist der Antarktische Krill die wahrscheinlich biomassereichste wild lebende Art der Welt und damit ein wichtiger Bestandteil des Kohlenstoffkreislaufs, da er Kohlenstoff in Form von Biomasse bindet und große Mengen Kohlenstoff in Form von Kot exportiert. Signifikante Veränderungen der Krillpopulationen haben daher eine Vielzahl von Konsequenzen, was den Antarktischen Krill zu einem wichtigen und faszinierenden Forschungsobjekt im Spannungsfeld von Politik, Ökonomie und Ökologie macht. Ziel meiner Dissertation ist es, Simulationsmodelle zu entwickeln und zu verbessern, die es ermöglichen, den Einfluss verschiedener Stressfaktoren (Klimawandel, Fischerei, Prädation) auf Krillpopulationen in der Gegenwart und in der Zukunft zu analysieren. Der British Antarctic Survey ist ein Institut mit einer langen Geschichte in der Krill- und Polarforschung und gilt als internationales „Flaggschiff“ auf diesen Gebieten. Somit bot sich mir eine tolle Möglichkeit, vor Ort von und mit führenden ExpertInnen zu lernen.
Antarktischer Krill
Der Aufenthalt war von großem Wert für mein Promotionsvorhaben, da meine beiden wissenschaftlichen Gastgeber Dr. Sally Thorpe und Prof. Dr. Eugene Murphy von Beginn an als Kooperationspartner in mein Forschungsprojekt eingebunden waren. Der Aufenthalt ermöglichte es uns nach drei Jahren virtueller Meetings wesentlich direkter und effizienter gemeinsame Forschungsfragen im Bereich der Individuen basierten- sowie Ozeanmodellierung auszuarbeiten und zu diskutieren. Dadurch konnten wir innerhalb kurzer Zeit an zwei Kapiteln meiner Dissertation arbeiten und große Fortschritte erzielen.
Zum einen haben wir an einem umfassenden Vergleich existierender Wachstumsmodelle von Antarktischem Krill gearbeitet. Dieser brachte viele neue wichtige Erkenntnisse, um in der Zukunft robustere Modelle zu entwickeln und die Genauigkeit von Vorhersagen zu verbessern. Zugleich haben wir uns mit saisonalen Verhaltensdaten von Krill auseinandergesetzt, um besser zu verstehen, wie adaptiv das Verhalten der Krebstiere über saisonale und regionale Skalen ausfällt. Diese Erkenntnisse sind wichtig, um die regionale Verteilung von Krillpopulationen besser zu verstehen.
Cambridge
Der British Antarctic Survey ist an die University of Cambridge angegliedert und somit konnte ich das universitätseigene Portal zur Suche von Unterkünften nutzen. Dies ging recht problemlos und so konnte ich ein für Cambridge verhältnismäßig günstiges möbliertes Zimmer für 550 GBP im Monat finden. Meine Unterkunft lag am Stadtrand in Coton in einem wunderschönen Haus mit meiner sehr liebenswürdigen Gastgeberin Mandy und hätte nicht besser sein kön-nen. Mit Hilfe eines Fahrrads war ich innerhalb von 5 Minuten am Institut und in 10 Minuten in der Innenstadt von Cambridge.
Der British Antarctic Survey ist ein lebendiges Institut mit einer sehr angenehmen Arbeitsatmosphäre und viel Austausch zwischen den verschiedenen Arbeitsgruppen. Mein Aufenthalt war zeitlich bewusst so abgepasst, dass die meisten Forschenden vor Ort sein werden, da insbesondere in den Monaten von Dezember bis April ein großer Teil der Angestellten ihrer Feldarbeit in Arktis und Antarktis nachgehen. Dementsprechend war es mir möglich mit vielen WissenschaftlerInnen in Kontakt zu kommen, an Seminaren teilzunehmen, Diskussionen während der Mittagspause zu führen und auch in der Freizeit Einiges mit den anderen Promovie-renden zu unternehmen. All dies hat nicht nur die Zeit vor Ort stark aufgewertet, sondern die so gewonnen Kontakte werden mir auch in der Zukunft sicherlich von großer Hilfe sein. So haben sich schon direkt in Anschluss an den Aufenthalt neue Gemeinschaftsprojekte ergeben und insbesondere auch ein verstärkter Austausch unter uns NachwuchswissenschaftlerInnen, was für mich sehr wertvoll ist.
An einem typischen Arbeitstag bin ich morgens ans Institut gekommen, wo ich mir mit Thibault, einem weiteren Gastwissenschaftler ein Büro geteilt habe. Glücklicherweise haben wir uns sofort gut verstanden, sodass in unserem Büro stets eine kommunikative und freundliche Arbeitsatmosphäre herrschte. Da die Polarforschung sehr international ist, ist Englisch auch in Deutschland häufig meine Alltagssprache. Somit hatte ich glücklicherweise keine sprachlichen Anpassungsprobleme. Mittags sind wir dann in der institutseigenen Kantine gemeinsam mit den anderen Forschenden essen gegangen. Natürlich gab es auch dort regelmäßig die obligatorischen Fish 'n' Chips, jedoch war das Angebot sehr divers mit einer großen Salatbar, an der man mich häufig finden konnte. Das „That's £4.50, darling“ beim Bezahlen hat die Kantinengänge weiter versüßt. Während des Mittagessens wurden häufig Pläne für den Abend, das Wochenende oder das wöchentliche Kuchenessen am Donnerstagnachmittag besprochen. Danach folgten regelmäßig Treffen mit Sally und Eugene, um den Arbeitsfortschritt zu besprechen. Diese Treffen verliefen immer auf Augenhöhe und in einem offenen gegenseitigen Austausch, was ich zwar schon von früheren Online-Treffen gewohnt war, aber generell sehr schätze. Abends war ich dann entweder mit Thibault bouldern, wir sind mit anderen Leuten vom BAS in einen Pub gegangen, ich habe mit dem Fahrrad die Gegend erkundet oder mit Mandy, meiner Vermieterin, zusammengesessen und mich unterhalten. Ein Highlight der Zeit in Cambridge war sicherlich auch die Fahrt mit einem ortstypischen Stocherkahn, den ein Kollege über sein College für uns organisieren konnte.
Die Zeit am British Antarctic Survey war eine riesige Bereicherung für mich, sowohl persönlich als auch beruflich. Daher danke ich der DAAD-Stiftung für die finanzielle Unterstützung und Förderung meines Aufenthaltes durch das Prof. Bingel Stipendium. Ich konnte innerhalb kurzer Zeit großen wissenschaftlichen Fortschritt erzielen, viele neue private und berufliche Kontakte knüpfen, eine neue Instituts- und Forschungskultur kennenlernen sowie von vielen etablierten WissenschaftlerInnen durch meinen Aufenthalt vor Ort lernen.
Stand: Juli 2023.