Iva Ramus Cvetkovic

Privat

Hauptgebäude der Universität zu Köln

"Ich schätze die Möglichkeiten des Jurist(inn)en Stipendium Europa
der DAAD-Stiftung sehr, durch das ich in der Lage war, meine wissenschaftliche Forschung und Kenntnisse zu erweitern und durch neue Begegnungen, Herausforderungen und Perspektiven persönlich zu wachsen."

Durch das Jurist(inn)en-Stipendiums Europa verbrachte Iva Ramus Cvetkovic ein halbes Jahr in Deutschland.Während dieser Zeit entwickelte sie eine neue Struktur für ihre Arbeit im Bereich der astronomischen Umweltkriminologie.

Im Folgenden spricht sie über ihr Forschungsprojekt am Institut für Kriminologie der Universität zu Köln:

Ich stelle hiermit meinen Bericht zur Zusammenfassung meines Forschungsaufenthalts am Institut für Kriminologie der Universität zu Köln während der zweiten Jahreshälfte 2023 vor, der sich sehr angenehm, interessant und wissenschaftlich produktiv gestaltete.

Während meines Aufenthalts in Deutschland konnte ich ausgiebig für mein Projekt forschen, wie ich es in meiner Bewerbung auf das Stipendium konzipiert hatte – nämlich zum Thema möglicher Antworten auf soziale Schäden* durch Raumfahrttechnologie.

Neben regelmäßigen informellen Treffen mit Institutsleiter Prof. Neubacher, der während meines Aufenthalts mein Betreuer war, konnte ich mich auch mit anderen Kolleginnen und Kollegen austauschen. Nach der Hälfte meiner Aufenthaltszeit erhielt ich die Chance, mein Forschungsprojekt den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Institut zu präsentieren. Aktuell habe ich keinen Kontakt zu ihnen, aber ich werde sie auf jeden Fall über die Ergebnisse meines Projekts informieren, denn sie wendeten großzügigerweise Zeit und Mühe dafür auf, mir diverse Fragen zu meiner Forschung, meiner Methodik und meinen Promotionsvorbereitungen allgemein zu stellen und mir kritisches Feedback und Empfehlungen zu geben.

Ramus Kölner Dom
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Der Kölner Dom bei Nacht

Danach konnte ich eine neue und verbesserte Struktur für meine Doktorarbeit auf Basis der neuen Perspektive konzipieren, die mir die Präsentation und darauffolgende Diskussion eröffnet hatte. Ich grenzte den Themenbereich etwas ein und passte ihn noch stärker an das Gebiet der Kriminologie an. Ich entschied mich, meinen Schwerpunkt im aufkommenden Gebiet der astronomischen Umweltkriminologie (Astro-Green Criminology) zu verorten, da ich es für äußerst wichtig erachte, die sozialen Schäden, darunter auch die Umweltschäden, in einem größeren Maßstab zu beleuchten.

Der Hauptgrund dafür ist, dass der derzeitige Ansatz, die Schäden lediglich aus rechtlicher Sicht zu betrachten, keine unterschiedlichen Perspektiven aufzeigen kann, die eine weiter gefasste Definition von Schäden und folglich auch effektivere Antworten auf sie ermöglichen würden als die im bestehenden Gesetzesrahmen verankerten. Deshalb möchte ich zur Erweiterung der kriminologischen Forschung auf dem Gebiet der durch Raumfahrttechnologie verursachten Schäden beitragen.

Neben meiner Arbeit an meiner Dissertation konnte ich meine Forschung in zwei wissenschaftliche Forschungsarbeiten einbringen, die ich während meines Aufenthalts schrieb. Die erste davon war ein Artikel mit dem Titel „Two Sides of the same Coin? Examining the Interrelation Between the Proposed New Human Right and the Law Governing Outer Space”, der im Journal of Digital War publiziert wurde,die zweite war ein Aufsatz mit dem Titel "Space Technology and Environmental Harm: The Role of Astro-Green Criminology in Achieving Greater Sustainability of Space Activities", der im Jahr 2024 als Kapitel im Sammelband "New Space: European Perspectives" Hrsg. Balázs Bartóki-Gönczy und Gábor Sulyok, publiziert wird.

Ramus Visiting Luxemburg
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Blick auf die Altstadt von Luxemburg

In beiden Arbeiten konnte ich meine Forschungsidee weiter ausarbeiten und meine Fortschritte bei meiner Forschung festhalten. Ich werde auch in Zukunft während meines Promotionsweges auf diesen beiden Arbeiten aufbauen. Danach habe ich vor, meinem Interesse weiter nachzugehen, um einige der noch kaum untersuchten Bereiche wie die wechselseitige Beziehung von Kriminologie und Weltraum sowie das Thema Neutralisierungstechniken im Kontext der Schadensverursachung oder Verbrechensbegehung kritisch zu betrachten. Methodisch möchte ich Jura, Kriminologie und Rechtstheorie miteinander kombinieren.

Des Weiteren konnte ich ein Buch zum Thema Verantwortlichkeit nichtstaatlicher Akteure für Weltraumverschmutzung fertigstellen, an dem ich zusammen mit meinen Kollegen Katja Grünfeld und Prof. Matthew Gillet gearbeitet hatte. Das Thema weist starke Bezüge zu meinem Forschungsprojekt auf, da es mehrere Möglichkeiten aufzeigte, wie Privatakteure für Umweltschäden verantwortlich gemacht werden können, was einen Teil meines Forschungsprojekts (rechtliche Antworten auf Schäden durch Raumfahrttechnologie) darstellt. Das Buch wird (voraussichtlich) im Jahr 2024 durch den Brill-Verlag veröffentlicht und öffentlich zugänglich gemacht. In dem Buch steht auch eine Widmung an die DAAD-Stiftung, denn mein Forschungsaustausch in Köln trug maßgeblich zum Abschluss meiner Arbeit bei.

In Anbetracht des Arbeitsaufwands, den diese Publikationen erforderten, forderte es mich sehr, meine Energie zwischen ihnen und meiner Dissertation aufzuteilen. Diese Herausforderung konnte ich dank der umfassenden Forschung meistern, die ich bereits vor meiner Zeit in Köln durchgeführt hatte, sowie aufgrund der Tatsache, dass die Themen der Publikationen eng mit meinem Promotionsthema in Verbindung standen, sodass ich auf Materialien zurückgreifen konnte, die ich zu beiden Zwecken vorbereitet hatte. Dennoch musste ich meine Selbstdisziplin aufrechterhalten und mich dazu anhalten, bei meiner Promotionsforschung im Zeitplan zu bleiben, und ich habe mich mindestens zwei Stunden am Tag ausschließlich meinem Projekt gewidmet.

Ramus Zugfahrt Nach Luxemburg B
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Die goldenen Farben des Moseltals während der Zugfahrt nach Luxemburg

Einer meiner Lieblingsmomente aus meiner Stipendienzeit war ein Ausflug nach Luxemburg, zu dem mich meine Stipendien-Patin eingeladen hatte. Die zweitägige Exkursion war sehr aufregend und aufschlussreich – meine Stipendien-Patin nahm mich mit zu einer Gerichtssitzung zu einem sehr interessanten Fall, stellte mich vielen ihrer ehemaligen Kolleginnen und Kollegen am Europäischen Gerichtshof vor und wir führten zahlreiche lohnende Diskussionen über mein Projekt und über Kriminologie und (Weltraum-)Recht im Allgemeinen.

Sie machte mich auf die Möglichkeit aufmerksam, den privatrechtlichen Blickwinkel in meine Forschung miteinzubeziehen, was ich daraufhin auch tat, als ich den Text für mein Buch zur Verantwortlichkeit nichtstaatlicher Akteure (NSAs) für Weltraumverschmutzung schrieb. Ich werde die gesamte Reise – von Anfang bis Ende – in sehr schöner Erinnerung behalten, darunter auch die wundervolle Zugfahrt durch das Moseltal in Herbstfarben und das Erlebnis, einen Tag in der belebten Stadt Luxemburg zu verbringen, in der ich für kurze Zeit die multikulturelle Atmosphäre und atemberaubende pastellfarbene Architektur erleben durfte, die sich so gut in ihre natürliche Umgebung einfügt.

Eine weitere sehr schöne Erfahrung war die Chance, die Einrichtungen des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) und der ESA (European Space Agency) in Bonn zu besuchen.

Ramus Visit Esa And Dlr Facilities In Bonn
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Faszination Raumfahrt: Besuch bei ESA und DLR in Bonn

Darüber hinaus konnte ich mich neben meiner Arbeit auf dem Gebiet des Weltraum-rechts auch an einigen der anderen Aktivitäten am Institut für Kriminologie in Köln beteiligen. Ich konnte zum Beispiel ein Seminar der Studierenden von Prof. Neubacher mit dem Titel „Krieg und Kriminologie“ besuchen. Das Seminar behandelte diverse hochaktuelle Themen wie rechtliche und kriminologische Perspektiven auf einige der dokumentierten und gesetzlich anerkannten Genozide der vergangenen 100 Jahre sowie die Rolle von Wissenschaftlern und Juristen bei der Prävention derartiger Gräueltaten. Dieses Seminar veranlasste mich, mich tiefer mit diesen Themen zu befassen und nach Möglichkeiten zu suchen, sie in meine zukünftige Forschung einzubeziehen.

Einer der kriminologischen Aspekte, den ich für besonders relevant erachtete, war das Thema der sogenannten „Neutralisierungstechniken“ – psychologischer Mechanismen, die es Verbrechern ermöglichen, (zumindest temporär) bestimmte ihrer eigenen moralischen Werte außer Kraft zu setzen, um sich selbst in die Lage zu versetzen, derartige Verbrechen zu begehen.

So kam ich auf die Idee, die Untersuchung möglicher Neutralisationstechniken in Bezug auf die durch Raumfahrttechnologie verursachten Schäden in meine Promotionsforschung aufzunehmen, da das Verständnis der Neutralisationstechniken erheblich zur Planung von Verbesserungen des Gesetzesrahmens beitragen kann, indem sie diesen Aspekt berücksichtigen. In Zukunft möchte ich meine Forschung auf diesem Gebiet ausweiten. Ich bin immer noch auf der Suche nach dem zukünftigen Karriereweg, der sich richtig für mich anfühlt.

Ramus Verkleidete Jecken An Kölner Karneval
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Karnevalsstimmung auf den Straßen von Köln

Dieses Seminar erweckte im Zusammenspiel mit den aktuellen Krisen überall auf der Welt mein altes Interesse an der Erforschung von Gewalt, Verbrechen und der Natur des Bösen zu neuem Leben. Bereits während meines Studiums hatte ich mich dem gewidmet, vor allem während meines ERASMUS+ Aufenthalts an der Universität Heidelberg, an der ich meinen Studienschwerpunkt auf Rechts- und Moralphilosophie gelegt und dazu auch ein Seminar zu Hannah Arendts Theorien des Bösen und der Gewalt besucht hatte.

Während der letzten beiden Jahre meiner Promotionsforschung legte ich diese Themen größtenteils beiseite, um mich auf die Schäden durch Raumfahrttechnik zu konzentrieren, entschied mich dann aber, sie wieder in meine Forschungspalette aufzunehmen, vielleicht als separaten, parallelen Forschungszweig neben meinem Interesse am Weltraumrecht.

Langfristig möchte ich die Möglichkeit haben, mit meiner Forschung und meiner Tätigkeit zum Weltfrieden und zur globalen Gerechtigkeit beizutragen. Schließlich lassen sich die schädlichen Auswirkungen von Raumfahrttechnologie nicht isoliert betrachten, sondern als Teil einer Pluralität globaler Probleme, die durch die rasante technologische Entwicklung, die neu auftretenden und sich ausweitenden Konflikte überall auf der Welt, die steigende Zahl und wachsende Macht nichtstaatlicher Akteure, die Aushöhlung des Dialogs auf globaler Ebene und die bekannten Defizite bei der Um- und Durchsetzung des internationalen Rechts noch verschärft werden.

Das Leben in Köln hat meine persönliche Entwicklung stark geprägt. Was ich am Leben dort am meisten mochte, war die Chance, eine derart bunte Mischung unterschiedlicher Kulturen zu erleben – alle in einer Stadt! Es gefiel mir, Menschen aus so vielen unterschiedlichen Ländern und Kulturen zusammenleben zu sehen, so viele Geschäfte, Organisationen und Restaurants unterschiedlicher Ethnizitäten und solch eine Vielfalt an Sprachen, Kulturen und Religionen.

Ich las gerne in der Stadtzeitung, um meine Deutschkenntnisse auszubauen, bei denen mir nach meinem Aufenthalt in Deutschland eine merkliche Verbesserung auffiel, und fuhr gerne mit dem Deutschland-Ticket lange Strecken im Zug und besuchte so Städte und Dörfer in der Umgebung. Manchmal fuhr ich allein, manchmal mit einer slowenischen Freundin, die ebenfalls an der Universität zu Köln studiert, oder zusammen mit ihren Freunden und Kollegen, die sie mir vorstellte, und manchmal mit meinen deutschen Freunden – mit denen, die ich bereits zuvor kannte, und mit denjenigen, mit denen ich mich spontan während meines Aufenthalts zum Beispiel auf einer Party angefreundet hatte. Es gab weitaus mehr Möglichkeiten als in Slowenien, am Wochenende eine eintägige Reise zu unternehmen; mir kamen sie praktisch endlos vor, da man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln so viele Orte in einer (in der Regel) äußerst vertretbaren Zeitspanne erreicht.

Zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte es, mit meiner Freundin die Ställe etwas außerhalb Kölns aufzusuchen, in denen ihre Pferde untergebracht sind, denn ich konnte dort die Natur genießen und mich langsam mit Hilfe meiner Freundin meiner Angst vor Pferden stellen. Mir gefiel auch die Atmosphäre in Köln sehr, obwohl es schwierig für mich war, mich mit den Einheimischen zu unterhalten, die den regionalen Dialekt sprachen. Während meiner Zeit dort bot sich mir außerdem die Möglichkeit, die Kultur und Traditionen Nordrhein-Westfalens zu erleben, darunter auch ein kurzer Einblick in den Start der Karnevalszeit. Diese kenne ich zwar von zuhause, aber definitiv nicht in einer solchen Größenordnung. Außerdem probierte ich Mettbrötchen, kam aber zu dem Schluss, dass mir Berliner Krapfen besser schmecken.

Ein weiterer Aspekt meiner Erfahrung in Köln, und vielleicht der wichtigste, bestand darin, dass ich meine Kenntnis und mein Verständnis der allgemeinen politischen Stimmung in Deutschland sowie gewisser konkreter politischer Fragen vertiefen konnte. Mir fielen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem deutschen und dem slowenischen Blick auf bestimmte Themen auf, insbesondere auf die Gräuel, die wir in den vergangenen Monaten in Gaza gesehen haben. Ich bemerkte, dass die jungen Menschen in Deutschland weitaus weniger über das Thema wissen, vor allem, was die historischen und rechtlichen Aspekte des Konflikts angeht, und auch, dass es weniger Möglichkeiten zur Diskussion und zum kritischen Diskurs gibt, und ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird.

Ich möchte gerne wieder nach Deutschland zurückkehren und mich an weiteren wissenschaftlich Debatten und Projekten beteiligen, doch das wird nur möglich sein, wenn die wissenschaftliche Freiheit und die freie Meinungsäußerung erhalten bleiben. In jedem Fall sind all die Einsichten und Erkenntnisse, die ich in Köln gewinnen konnte, von enormem Wert für mich, da wir in einer zutiefst vernetzten Welt leben und deshalb nicht nur unserem engsten Umfeld Aufmerksamkeit entgegenbringen, sondern auch danach streben müssen, andere Regionen und Länder, ihre Kultur und ihre Meinungen, so weitgehend wie möglich zu verstehen und zu entdecken.

Alles in Allem bin ich überaus dankbar dafür, dass ich meinen Forschungsaufenthalt in Köln verbringen durfte, denn diese Erfahrung hat viele verschiedene Aspekte meines Lebens bereichert – sowohl beruflich als auch persönlich. Ich lebte mich gut in einer (zunächst) fremden Stadt ein, fand mich auf dem Universitätscampus zurecht, entdeckte meinen Lieblingsgeschmack aus der Kaffeemaschine in der Mensa (Vanille-Schoko) und genoss ihn, während der Pausen auf der Uni-Wiese, ging mit meinen Kolleginnen und Kollegen zum Mittagessen und am machte Spaziergänge am Rhein.

Allerdings gab es auch ein paar schwierige Momente, vor allem im August – als es in Slowenien nahe meines Heimatorts zu schweren Überflutungen kam. Dennoch wird diese Erfahrung eine schöne Erinnerung bleiben und ich werde sicherstellen, dass ich mit den Menschen, die ich dort kennengelernt habe, in Kontakt bleibe.

* Hier geht es im Speziellen um drei verschiedene Arten von sozialen Schäden, die durch die Raumfahrttechnologie verursacht werden, nämlich (1) negative Auswirkungen auf die Umwelt, (2) negative Auswirkungen auf das menschliche Leben, die Gesundheit und Menschenrechte und (3) negative Auswirkungen auf soziale Gleichheit und Gerechtigkeit.

Stand: Februar 2024. Die englische Version ist das Original.