Lukas Meßmann
Privat
Lukas Meßmann bei der Erkundung Kopenhagens
“Der Aufenthalt an der DTU in Dänemark war für mich fachlich hinsichtlich des Forschungsvorhabens zu Nachhaltigkeit in Sterilgutabteilungen in Krankenhäusern, beruflich hinsichtlich einer weitergehenden wissenschaftlichen Karriere sowie persönlich ein großer Gewinn und wäre ohne das „KSB Stiftung Stipendium“ der DAAD-Stiftung so nicht möglich gewesen.“
Die Nachhaltigkeit in Krankenhäusern zu verbessern, machte Lukas Meßmann zum Thema seiner Forschung in der Postdoc-Förderung. Diese Forschung wurde durch das KSB Stiftung Stipendium unterstützt. Abgesehen von seinem Projekt nutzte er die Zeit in Skandinavien, um Kopenhagen und seine malerische Umgebung zu erkunden.
Er beschreibt seine Forschung, seine Abenteuer auf dem Fahrrad und andere Eindrücke wie folgt:
Vor etwa zwei Jahren (Juni 2022) verteidigte ich meine Dissertation zu ökologisch und sozial nachhaltiger Gestaltung von Wertschöpfungsketten und gleichzeitig reifte zu dieser Zeit der Wunsch, auch in Zukunft wissenschaftlich zum Thema Nachhaltigkeit zu arbeiten. Der Beginn meiner Postdoc-Zeit fiel dann mit dem Start eines Drittmittelprojektes zu Nachhaltigkeit in Krankenhäusern zusammen – ein Thema, für das ich mich aufgrund seiner Relevanz und der vielfältigen Forschungsmöglichkeiten schnell begeistern konnte.
Das Department of Management, Technology and Economics auf dem DTU-Campus
Dass sich dann die Möglichkeit ergab, mit Prof. Dr. Jens O. Brunner an der DTU (Danmarks Tekniske Universitet) in Dänemark und seinem Doktoranden Robin Schlembach zum Thema nachhaltiger und operativer Optimierung von Abläufen in Zentralen Sterilgutversorgungsabteilungen in Krankenhäusern zusammenzuarbeiten und mit Unterstützung des KSB Stiftung Stipendiums der DAAD-Stiftung drei Monate in Kopenhagen zu verbringen, war natürlich sowohl thematisch als auch hinsichtlich einer Zukunft in der Wissenschaft und den dazu nötigen Auslandserfahrungen perfektes Timing.
Zentrale Sterilgutversorgungsabteilungen (ZSVA; engl. Central Sterile Supply Departments) von Krankenhäusern haben eine große Bedeutung für die Ökobilanz des jeweiligen Hauses. Einerseits ermöglichen sie die Aufbereitung und Wiederverwendung von medizinischem Besteck und anderem Sterilgut, was die Umweltauswirkungen von Produktion und Abfallbehandlung alternativer Einweglösungen einspart. Andererseits benötigen ZSVAs selbst große Mengen an elektrischer und thermischer Energie, chemischen Reinigungsmitteln und Wasser.
Der See in Lyngby, um den Lukas Meßmann regelmäßig joggte
Operativ stellt die Planung und Steuerung einer ZSVA (z.B. Batching und Scheduling von Sterilgütern) ein komplexes Entscheidungsproblem dar. Meine Aufgabe in unserem Forschungsprojekt war es, mithilfe der Methode des Life Cycle Assessment (LCA; dt. Ökobilanzierung) die Umweltauswirkungen der verschiedenen Stationen und Maschinen in ZSVAs zu quantifizieren.Zeitgleich entwickelten meine Kollegen in Dänemark ein gemischt-ganzzahliges Optimierungsmodell (MILP), das eine idealtypische ZSVA mathematisch abbildet und mit dem die Abläufe in der ZSVA entweder hinsichtlich operativer Kriterien (z.B. Durchlaufzeiten) oder hinsichtlich verschiedener Umweltauswirkungen (z.B. Klimawandelwirkung oder Humantoxizitätswerte) optimiert werden können.
Grundsätzlich sind das Aufstellen eines MILP-Modells und die Durchführung eines LCA zwar eigenständige Entwicklungen; dennoch war ein regelmäßiger Austausch nötig, um sicherzustellen, dass sich beide Entwicklungsstränge an einem gemeinsam erdachten, einheitlichen Studiendesign ausrichten und dass Datenformate zueinander kompatibel sind.
Der Street-Food-Markt Reffen
Zum Zeitpunkt dieses Berichtes (etwa fünf Wochen nach Ende des Aufenthaltes) sind sowohl die Quantifizierung der ökologischen Parameter als auch die Entwicklung des Modells weitgehend abgeschlossen, sodass wir uns nun an die Erzeugung und Auswertung von Optimierungsergebnissen machen. Anschließend soll der Artikel geschrieben und bis Ende des Jahres bei einem Peer-Review-Journal eingereicht werden. Da mein aktueller Vertrag allerdings im kommenden Jahr ausläuft und eine Verlängerung unsicher ist, hoffe ich natürlich, dass die Publikation und der wertvolle Aufenthalt als Ganzes ihren Teil dazu beitragen, dass ich meine Karriere in der Wissenschaft fortsetzen kann.
Die Ankunft in Dänemark allgemein und an der DTU im Speziellen verlief äußerst reibungslos. Vom Sekretariat der „Management Science“-Division im Department „Management, Technology and Economics“, an dem mein Gastgeber beheimatet ist, war mir bereits im Vorfeld ein Gastaccount eingerichtet worden, es standen ein Schreibtisch und nötiges Equipment wie eine Docking Station und zwei große Monitore bereit und bei jeglichen Fragen wurde mir äußerst freundlich und schnell geholfen.
Insgesamt empfand ich das freundliche, aber professionelle Arbeitsumfeld, die Ausstattung und den hohen Grad an privatem und fachlichem (etwa beim gemeinsamen „Research Seminar“) Austausch als sehr positiv und sehr ähnlich zu meinen Erfahrungen aus Augsburg, sodass ich nicht viel Zeit zum Einleben benötigte. Praktisch: Da ich mich nicht länger als drei Monate in Dänemark aufhielt, blieb mir der Aufwand des Beantragens einer CPR-Nummer (die zentrale Identifizierungsnummer für alle administrativen Angelegenheiten und Sozialversicherungen) erspart.
Der Freizeitpark Tivoli in Kopenhagen
Während meines Aufenthaltes war ich im „Basecamp Lyngby“, einem privaten Studierendenwohnheim, untergebracht. Das war zwar vielleicht nicht die günstigste Variante und in der Kleinstadt Lyngby ist im Gegensatz zum großen Nachbarn Kopenhagen nicht viel los, aber für mich war es aufgrund der Nähe zur DTU (~12 Minuten mit dem Fahrrad) und vor allem aufgrund der einfachen Buchung (keine aufreibende Wohnungssuche!) die perfekte Wahl.
Schnell freundete ich mich mit den anderen Personen im Department an. Obwohl natürlich der Anteil der dänischen Studierenden, Doktoranden, Post-Docs und Professor:innen überwog, herrschte doch aufgrund vieler internationaler Studierender und anderer Gastforscher wie mir eine sehr internationale Atmosphäre. Die Tatsache, dass Englisch in größeren Meetings oder bei Gelegenheiten wie dem Mittagessen ohnehin die Hauptsprache war und nicht nur meinetwegen gesprochen werden musste, hat mir die Integration ins Kollegium sehr erleichtert.
Insbesondere mit der gemischten Gruppe aus deutschen und dänischen Doktoranden meines Gastgebers verbrachte ich in den drei Monaten häufig Zeit – sei es freitags in einer der verschiedenen Bars auf dem Campus, beim Public Viewing des Fußball-EM-Spiels Deutschland gegen Dänemark in Kopenhagen oder einfach beim gemeinsamen Mittagessen. Überhaupt wurde im Department viel Wert auf Geselligkeit und gemeinsame Aktivitäten gelegt. So waren wir mit insgesamt fünf Teams beim DTU-weiten Staffellauf vertreten, es gab ein launiges „Research & Wine Tasting“-Seminar und jeden Freitag wurde gemeinsam gefrühstückt und einander von der vergangenen Woche berichtet.
Das Erimategeschloss in Jægersborg Dyrehave nördlich von Kopenhagen
Aufgrund der vergleichsweise kurzen Dauer von drei Monaten und des ambitionierten Zeitplans unseres Projektes habe ich während des Aufenthaltes keinen Dänisch-Kurs belegt – aber es spricht in Dänemark ohnehin fast jede:r sehr gutes bis perfektes Englisch. Profitiert habe ich jedoch von mehreren Schwedisch-Kursen, die ich vor ein paar Jahren absolviert habe. Zwar könnten die dänische und die schwedische Aussprache unterschiedlicher kaum sein, aber die großen Ähnlichkeiten in Sachen Orthografie und Vokabular ließen mich das meiste problemlos lesen.
Kopenhagen und die gesamte Region haben kulturell, historisch und landschaftlich sehr viel zu bieten − von „klassischen“ Sehenswürdigkeiten wie dem Tivoli-Freizeitpark in Kopenhagen oder dem Schloss Frederiksborg in Hillerød über den Strand in Amager bis zum sehr abwechslungsreichen Street-Food-Markt „Reffen“. Überhaupt gilt Kopenhagen zurecht als Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit.
Die Schwedische Stadt Helsinborg, die Lukas Meßmann besichtigte
Das äußert sich nicht nur in den perfekt ausgebauten Fahrradwegen inner- wie außerhalb der Stadt, sondern auch in innovativen, nachhaltigen und spaßigen (!) Konzepten wie „GreenKayak“, wo man sich kostenlos Kayaks ausleihen kann und im Gegenzug Müll aus den Kanälen der Innenstadt fischt. Und apropos Fahrrad: Natürlich laden auch der Öresund und dessen schwedische Seite zu einem Besuch ein.
Mit einem ausgeliehenen Gravelbike bin ich von Kopenhagen an der Küste bis Helsingør auf der dänischen Seite gefahren, von dort aus mit der Fähre auf die schwedische Seite zur Stadt Helsingborg übergesetzt, und dann mit einer Übernachtung in Landskrona über die wunderschöne Klein- und Universitätsstadt Lund bis Malmö geradelt und von dort mit dem Zug über die Öresundsbrücke zurück nach Kopenhagen gefahren. Ein Ausflug, den ich nur empfehlen kann!
Von meinem Aufenthalt nehme ich auf verschiedenen Ebenen sehr viel mit: Fachlich habe ich in Zusammenarbeit mit meinen Kooperationspartnern unser Forschungsprojekt entscheidend voranbringen können, was ohne den Aufenthalt vor Ort und die Förderung durch die DAAD-Stiftung nicht möglich gewesen wäre. In der Zeit meines Aufenthaltes habe ich viele Kontakt knüpfen können – auch dank des glücklichen Zufalls, dass just während meines Aufenthaltes an der DTU die für unser Forschungsthema hochrelevante „33rd European Conference on Operational Research“ (kurz: „EURO-Konferenz“) stattfand.
Seine Fahrten mit dem Fahhrad führten Lukas Meßmann auch zum Gebäude der Universität Lund
Die EURO-Konferenzreihe ist eines der wichtigsten und – mit an die 60 parallelen Sessions – auch eine der größten internationalen Foren der „Operations Research“-Community. Da es bereits mein dritter Besuch einer EURO-Konferenz war, konnte ich viele Kontakte vertiefen und neu knüpfen, ganz besonders in der Gruppe der Forschenden zu „Sustainable Supply Chains“. Dass ich auch erfolgreich unser Forschungsvorhaben und erste Ergebnisse vorstellen konnte, war natürlich ein besonderes Highlight. Und natürlich nehme ich auch persönlich viel mit, seien es die Eindrücke vor Ort, die geknüpften Freundschaften – und nicht zuletzt die Tatsache, dass ich in Dänemark meiner Partnerin einen Heiratsantrag gemacht habe.
Stand: August 2024.